Influencer Marketing – Besteuerung von Geschenken / Gratisprodukten

Wer sich über YouTube oder Instagram eine Fangemeinde aufgebaut hat und über die entsprechende Anzahl an Followern verfügt, kann mit Werbung und Produktplatzierungen über seine Social-Media-Kanäle gutes Geld verdienen. Der Influencer stellt das Produkt in seiner Insta-Story oder seinem neuen YouTube-Video vor, schreibt danach eine Rechnung an die Firma, deren Produkt er gerade angepriesen hat, die Firma bezahlt die Rechnung. Dieses Geld ist natürlich eine betriebliche Einnahme und muss vom Influencer als eben solche auch versteuert werden. Soweit dürfte das jedem klar sein. Was passiert aber, wenn der Influencer anstelle oder zusätzlich zu einer Zahlung Gratisprodukte des Unternehmens erhält? Müssen diese auch versteuert werden? Um diese Frage dreht sich der aktuelle #taxiteasy Blogbeitrag.

 

Geschenke im Allgemeinen

Über Geschenke zwischen Geschäftspartnern gibt es bereits einen #taxiteasy-Blogbeitrag, auf den wir an dieser Stelle verweisen. Denn auch die Gratisproben, die die beworbene Firma dem Influencer kostenlos zur Verfügung stellt, gelten steuerrechtlich als Geschenke, zumindest was die Möglichkeit der Pauschalversteuerung angeht. Wir kommen später darauf zurück. Zum Einstieg kann es nicht schaden, sich den Geschenke-Blogbeitrag noch einmal durchzulesen.

 

Der Regelfall – Geschenke müssen vom Empfänger versteuert werden

Folgendes Beispiel: Der Youtuber Julian Knall stellt auf seinem Kanal einen neuen Rucksack der Firma "Jupp Wolfspelz" vor, bekommt dafür den Rucksack von der Rucksackfirma geschenkt und darf ihn danach auch behalten. Der Rucksack ist also ein Gratisprodukt oder ein Geschenk von Rucksackhersteller Jupp an den Youtuber Julian. Dieses Geschenk ist eine steuerpflichtige Einnahme für den YouTube-Star, da im Einkommensteuergesetz geregelt ist, dass betriebliche Einnahmen nicht zwingend in Geldzahlungen bestehen müssen, sondern dass auch Sacheinnahmen als betriebliche Einnahmen zu erfassen sind. Das ist in § 8 (2) EStG geregelt: “Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (Wohnung, Kost, Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge), sind mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen.”

Julian muss also nachschauen, zu welchem Preis dieser Rucksack üblicherweise im Handel oder im Netz angeboten wird und diesen Betrag als Betriebseinnahme in seiner Einkommensteuererklärung versteuern. 

 

Ausnahmen von der Besteuerung

Nicht in jedem Fall muss Julian den Rucksack als Einnahme versteuern, es gibt Ausnahmen:

  • Ausnahme 1: Jupp Wolfspelz hat die kostenlose Abgabe des Rucksackes an Julian dem Finanzamt gemeldet und zahlt dafür eine pauschale Steuer in Höhe von 30 % an das Finanzamt. Damit ist die Steuer übernommen und der Youtuber muss den Rucksack nicht als Einnahme angeben. Wichtig ist an der Stelle jedoch, dass der Wert dieser Geschenke pro Jahr den Betrag von 10.000 € nicht überschreitet. Und wichtig ist auch, dass sich Julian Knall, wenn er solche Gratisprodukte erhält, immer schriftlich vom abgebenden Unternehmen bestätigen lasst, dass die pauschale Steuer nach § 37b EStG für das Produkt bereits übernommen wurde.
  • Ausnahme 2: Es handelt sich um einen sehr günstigen Rucksack, der üblicherweise für 9,90 € verkauft wird. In diesem Fall liegt das Produkt unter der 10-Euro-Grenze und gilt noch als Werbe- und Streuartikel. Diese Artikel müssen weder beim Schenkenden pauschal noch beim Empfänger als Einnahme versteuert werden.
  • Ausnahme 3: Julian muss den Rucksack nach dem Video wieder an Jupp zurücksenden. In diesem Fall hat Julian gar keinen Sachwert erhalten und dementsprechend muss auch nichts versteuert werden. 

Schwierigkeiten

Nicht immer ist der Fall so einfach wie in dem Rucksack-Beispiel. Nicht immer liegen die Dinge so klar auf der Hand: Was ist z. B. mit der kostenlosen Produktprobe, die im Rahmen des Video-Drehs komplett aufgebraucht oder zerstört wird? Zum Beispiel könnte der Rucksack aufgeschnitten werden, um die verwendeten Materialien zu analysieren und damit unbrauchbar werden, also seinen Wert verlieren. Was ist mit übernommenen Übernachtungskosten? Reisekostenersatz oder Gratisgeschenk? Wie verhält es sich bei Reisebloggern, die ihren sechswöchigen Sommerurlaub von der Reiseagentur bezahlt bekommen?

Interessante Fragen, zu denen ich an dieser Stelle gerne meine Gedanken mitteile. Jedoch ist es in diesem Bereich noch sehr schwierig, rechtlich wasserdichte Aussagen zu treffen. Das Geschäftsmodell der Influencer, Blogger und Youtuber ist immer noch verhältnismäßig jung. Erst nach ein paar Jahren gibt es die ersten Betriebsprüfungen durch die Finanzämter, in der Folge ggf. auch Rechtsstreitigkeiten und Urteile, aus denen wir Steuerberater Empfehlungen für unsere Mandanten ableiten können. Die Datenlage, auf die wir uns derzeit stützen können, ist in diesem Bereich daher noch sehr dünn, sodass es sich bei den folgenden Zeilen eher um Handlungsempfehlungen handelt, um bestmöglich auf Rückfragen des Finanzamtes und Betriebsprüfungen vorbereitet zu sein.

 

Beispiel Rucksack-Material-Analyse:

Der Rucksack wird wie oben beschrieben von Julian aufgeschnitten und damit unbrauchbar. In diesen Fällen müsste das gerade noch als Einnahme versteuerte Geschenk meiner Meinung nach direkt wieder als Betriebsausgabe abgezogen werden, da der Rucksack zum Zwecke des Videos unbrauchbar gemacht werden musste und damit auch sein Wert vernichtet wurde. Kostet der Rucksack also 100 Euro im Handel, würde Julian einmal 100 Euro als Einnahme buchen und direkt im Anschluss 100 Euro als Ausgabe, so dass er die Überlassung des Rucksackes mit einem Saldo von 0 Euro nicht zu versteuern hat.

 

Beispiel Reisekosten:

Julian dreht sein Video nun nicht zu Hause in Köln, sondern am Firmensitz von Jupp in Frankfurt. Dazu zahlt Jupp ihm die Übernachtung in einem Frankfurter Hotel, in dem er regelmäßig seine Geschäftspartner unterbringt. In diesem Fall ist die Übernahme der Hotelkosten ein einfacher Auslagenersatz, da Julian bei seinem mehrtägigen Dreh schließlich irgendwo übernachten muss und Jupp ihm diese üblichen Reisekosten als Auftraggeber erstattet.

Während seines Aufenthalts knüpft Julian jedoch auch Kontakte zur Geschäftsleitung des Hotels und vereinbart eine Zusammenarbeit. Die Hotelkette betreibt auch ein Luxus-Hotel in London. In diesem Hotel bekommt Julian eine Woche später die Präsidenten-Suite für ein Wochenende überlassen. Dafür muss er 5 x 3-Minuten-Clips aus der Suite des Hotels posten. Den Rest der Zeit darf er die Suite privat nutzen. Die Suite kostet in der Regel 10.000 € pro Nacht. In dieser Konstellation gehe ich davon aus, dass die Finanzämter bei Julian 20.000 € als geldwerte Einnahme versteuert sehen möchten.

 

Beispiel Reiseblogger:

Julian schwenkt jetzt um auf "Reiseblogger".

Alternative 1: Die Agentur zahlt ihm, seiner Frau und seinen zwei Söhnen den sechswöchigen Sommerurlaub in Schweden. Dafür muss er mindestens ein Video pro Tag und zwei Blogartikel in der Woche posten. Weitere Zahlungen erhält er nicht.

Alternative 2: Julian ist alleine 3 Wochen in Kanada unterwegs. Er muss jeden Tag mindestens 5 Videos und einen Blogartikel posten. Seine Familie bleibt in Deutschland. Von der Agentur erhält er neben einem Honorar von 15.000 € zusätzlich Übernachtungen und Verpflegung bezahlt.

Julian muss damit rechnen, dass das Finanzamt in Alternative 1 eine geldwerte Einnahme versteuert sehen will. In Alternative 2 sind seine Karten schon viel besser, die Reise nicht versteuern zu müssen.

 

Praxistipps

Reiseblogger Alternative 1: 

Wenn die pauschale Steuer noch greift, würde ich hier empfehlen, die Reiseagentur um die Übernahme der pauschalen Steuer zu bitten. Falls die 10.000 € Grenze aber schon überschritten ist, könnte Julian auch mit der Agentur vereinbaren, dass er zusätzlich zur Reise noch ein Honorar in Höhe seiner aus der Reise entstehenden Einkommensteuer erhält.

 

Reiseblogger Alternative 2:

Hier würde ich Julian empfehlen, die Reise nicht als Einnahme zu erklären, da die Reise wesentlich mehr Geschäftsreisen- als Urlaubscharakter hat. Er hat einige Argumente auf seiner Seite: Die Reise an sich war nicht die zentrale Gegenleistung, sondern das Honorar in Höhe von 15.000 €. Damit erhalten die Reisekosten selbst vielmehr den Charakter eines Auslagenersatzes. Dass seine Familie zu Hause bleibt, nimmt der Reise weiteren Privat- und Freizeitcharakter. Und nicht zuletzt die hohe Taktung an Videoproduktionen und Blogartikeln spricht dafür, dass er viel arbeitet und wenig Erholungs- und Freizeitleistungen empfängt.

 

Allgemeine Praxistipps:

In meinen Fallvariationen habe ich bewusst sehr gegensätzliche, klare Beispiele gewählt, damit die steuerliche Einordnung deutlich wird. Die allermeisten Fälle werden jedoch irgendwo im Bereich dazwischen liegen, was die Einordnung weiter erschwert. Meine Empfehlung ist deshalb, sich schon vorher Gedanken über die steuerliche Einordnung zu machen und alle erhaltenen Leistungen und Gratisprodukte zu dokumentieren, z. B. in einer Exceltabelle. In dieser Dokumentation erfasst man zudem, ob die oben genannten Ausnahmen zutreffen und alle weiteren Merkmale, die für oder gegen eine Steuerpflicht sprechen können. Im Gespräch mit dem Steuerberater kann dann geklärt werden, wie die steuerlichen Risiken einzuschätzen sind und ob ggf. nochmal mit der Agentur nachverhandelt werden muss.

 

Die Zeit wird zeigen, wie diese Dinge in Betriebsprüfungen und von der Rechtsprechung gewürdigt werden. Dann können wir auch klarere Handlungsempfehlungen geben. Bis dahin können wir nur dafür sorgen, dass unsere Mandanten bestmöglich auf die Reaktionen des Finanzamts vorbereitet sind, dass steuerliche Risiken gesehen und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, um diese Risiken zu minimieren.