In der Branche der Mediator*innen, Coaches und Trainer*innen haben viele der ausübenden, selbständigen Personen das Selbstbild als Freiberufler*in. Diesem Selbstbild liegt aber weniger eine steuerliche Würdigung zu Grunde, sondern eher, wie man sich selbst und die eigene Arbeit sieht, einschätzt und beschreiben würde. In vielen Fällen fühlt sich die Arbeit als Coach, Mediator*in oder Trainer*in eben nicht an wie eine gewerbliche Tätigkeit, sondern viel mehr wie eine freiberufliche. Diese eigene Einschätzung ist absolut nachvollziehbar, allerdings müssen wir für die richtige Einordnung beim Finanzamt andere Kriterien heranziehen.
In der Einkommensteuer gibt es 7 Einkunftsarten. Zwei davon sind die gewerblichen Einkünfte und die freiberuflichen Einkünfte. Die Unterscheidung zwischen beiden ist manchmal schwierig und die wesentlichen Rechtsfolgen der Gewerblichkeit sind, dass Gewerbetreibende ab 24.500 € Gewinn pro Jahr Gewerbesteuer zahlen müssen und dass ab 60.000 € Gewinn keine Einnahmen-Überschuss-Rechnung mehr erstellt werden darf, sondern der Jahresabschluss in Form einer Bilanz aufgestellt werden muss. Beide Rechtsfolgen führen in der Regel zu etwas höheren Kosten, sei es gegenüber dem Finanzamt, gegenüber dem Steuerberater oder seien es eigene Kosten für die Erstellung der Buchhaltung, Durchführung einer Inventur etc. Deshalb möchten viele Coaches, Trainer*innen und Mediator*innen der Einfachheit und der geringeren finanziellen Belastung wegen gerne Freiberufler*in sein.
Beim Finanzamt werden diejenigen als Freiberufler*in eingestuft, die in § 18 Einkommensteuergesetz (EStG) genannt sind. Manche Berufe werden dort explizit erwähnt, z.B. Steuerberater, Ärzte, Architekten, Heilpraktiker, etc. und ähnliche Berufe (Katalogberufe). Daneben gelten aber noch weitere Tätigkeiten als freiberuflich. Diese werden im Gesetz etwas allgemeiner als wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende und erzieherische Tätigkeiten beschrieben. Wenn der oder die selbständig Tätige einer dieser Gruppen zuzuordnen ist, wird man beim Finanzamt als Freiberufler*in eingestuft, ansonsten ist man gewerblich tätig.
Welche Fälle aus § 18 EStG könnten bei Coaches, Mediator*innen und Trainer*innen zutreffen?
Wir betrachten zunächst die Coaches und Mediator*innen und im Anschluss die Trainer
Coaches / Mediator*innen
- Unterrichtende Tätigkeit: Bei einer unterrichtenden Tätigkeit im Sinne des EStG handelt es sich um die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Handlungsweisen und Einstellungen in organisierter und institutionalisierter Form. Organisiert und institutionalisiert meint, dass in einem bestimmten Fach ein bestimmtes Programm und ein bestimmter vorgegebener Lehrinhalt vermittelt wird. Wichtig für die Anerkennung als unterrichtende Tätigkeit ist, dass der/die Unterrichtende nur diese vorgegebenen Inhalte allgemeiner Natur vermittelt. Sobald Wissen und Fähigkeiten vermittelt werden, die auf die speziellen Bedürfnisse des Auftraggebers zugeschnitten sind, ist man beratend und damit gewerblich tätig. Der systemische Coach ist nicht unterrichtend tätig, da beim systemischen Coaching immer auf die Bedürfnisse des Coachees und seine speziellen Themen eingegangen wird. Man könnte natürlich von Seiten des Coaches argumentieren, dass jedem Coachee die gleichen Werkzeuge und Inhalte vermittelt werden, mit denen er dann selbst mehr Klarheit für seine Themen bekommt, aber damit wird man beim Finanzamt nicht weit kommen. Wir empfehlen jedem systemischen Coach, nicht darauf zu setzen, dass er unterrichtend tätig ist. Andere Coachingbereiche sind immer individuell zu betrachten. Werden in einem Online-Video-Kurs fertig produzierte Lehrvideos verkauft, können die oben genannten Kriterien für eine unterrichtende Tätigkeit zwar zutreffen. Allerdings wird hier oft der Massenvertrieb der fertig produzierten Videos und nicht mehr die unterrichtende Tätigkeit im Vordergrund stehen, so dass man darüber in der Gewerblichkeit landet. Bei Mediatoren gilt in etwa das Gleiche wie bei systemischen Coaches. In der Regel werden Coaches und Mediator*innen also nicht als unterrichtende Tätigkeit eingestuft. Es mag Sonderfälle geben, in denen das möglich ist. Deshalb muss jeder Fall einzeln beurteilt werden.
- Katalogberuf: Psychologe / Heilpraktiker: Der Diplompsychologe, der therapeutisch tätig ist, gilt als Katalogberuf des § 18 EStG und ist damit freiberuflich tätig. Gleiches gilt für den Heilpraktiker für Psychotherapie. Wer diese Berufsausbildungen abgeschlossen hat und zusätzlich die Ausbildung zum systemischen Coach gemacht hat, darf natürlich als Freiberufler arbeiten. Die Coachingausbildung ist eine Ergänzung zum bereits bestehenden Beruf. Da man im bestehenden Beruf bereits Freiberufler ist, bleibt man es auch als Coach. Ob man sich dabei Coach, Therapeut oder Heilpraktiker nennt, ist nicht so wichtig. Wichtig ist nur, in einer dem Katalogberuf ähnlichen Weise tätig zu werden und die dem Katalogberuf entsprechende Ausbildung und Qualifikation vorweisen zu können. Aber auch hier gibt es regelmäßig Fälle, die nicht klar einzuordnen sind. Was ist z.B., wenn ich Psychologie oder Pädagogik im Nebenfach studiert habe? In den Grenzfällen kommt es darauf an, jeden Fall individuell und das Gesamtbild der Verhältnisse zu betrachten. Und dann muss das Finanzamt überzeugt werden.
- Sonstiger Katalogberuf: Ein Steuerberater oder Rechtsanwalt macht eine Ausbildung zum Mediator und übernimmt hin und wieder auch Mediationsfälle gegen Honorar. Der Rechtsanwalt ist regelmäßig mit Konfliktfällen konfrontiert und erweitert mit der Mediation nur seinen Werkzeugkasten, Konflikte außergerichtlich zu lösen. Der Steuerberater kann Mediationen durchführen, wenn die Unternehmensnachfolge zwischen Vater und Tochter ins Stocken gerät, wenn es Konflikte in der Gemeinschaftspraxis gibt, etc. In allen Fällen liegen freiberufliche Einkünfte vor. Die Mediation ergänzt hier nur die bisherige freiberufliche Tätigkeit. Genauso kann der Steuerberater auch eine Ausbildung zum systemischen Coach machen, die ihm in Mandantengesprächen oder in der Gründungsberatung zu Gute kommt. Er kann ein Coaching jederzeit im Rahmen seiner Steuerberatungskanzlei anbieten, abrechnen und als freiberufliche Einnahmen erklären. Der beratende Betriebswirt ist auch ein Katalogberuf des § 18 EStG. Wenn man ein BWL oder VWL-Studium abgeschlossen hat und Unternehmen betriebswirtschaftlich berät, darf man das Ganze auch Coaching nennen und weiterhin als freiberufliche Einnahme erklären.
Trainer*innen
- Unterrichtende Tätigkeit: Die Chancen des Trainers beim Finanzamt als Freiberufler anerkannt zu werden, sind wesentlich größer als die des Coaches. Der Trainer bedient sich viel häufiger fertiger Lehrkonzepte und Inhalte, die er an seine Schüler und Kunden vermittelt. Dabei geht er nicht auf die speziellen Bedürfnisse der Kunden ein, sondern die Kunden kommen zu ihm, um genau in seinem Spezialthema seinen Vortrag zu hören oder sein Seminar zu besuchen. Hier kommt es wieder entscheidend darauf an, dass der Lehrende seine Inhalte und sein Konzept vermittelt und seine Wissensvermittlung nicht zu sehr an den Bedürfnissen der Kunden orientiert. Dann sind wir wieder schnell in der Beratung und gewerblich tätig. Wir haben einige Mandanten, die als Mimik-Resonanz-Trainer tätig sind. Hier wird ein feststehendes Konzept mit vorgegebenen Lehrinhalten an heterogene Seminarteilnehmer weitergegeben. Die Teilnehmer nehmen vordergründig aus Interesse am Thema und den Inhalten teil und nicht um ihre persönlichen Themen individuell behandelt zu wissen. Hier würden wir regelmäßig von einer freiberuflichen Tätigkeit ausgehen. Allerdings gilt es auch hier genauso aufzupassen, ab wann man als Mimikresonanz-Trainer nicht mehr unterrichtend, sondern beratend tätig wird.
- Katalogberufe: Hier wird auf die Ausführungen zu Coaches und Mediatoren verwiesen. Sollten Trainer in der beschriebenen Weise tätig werden, sind die steuerlichen Würdigungen entsprechend. Wir gehen jedoch davon aus, dass sich bei Trainern regelmäßig eher die Fragen nach der unterrichtenden Tätigkeit stellen wird.
Mischtätigkeiten
Es kann also sein, dass die Tätigkeit als Trainer als freiberuflich einzuordnen ist und die Tätigkeit als Coach als gewerblich. Was mache ich nun, wenn ich beides mache? Ich arbeite als systemischer Coach und als Trainer.
Es gibt zwei Möglichkeiten:
- Ich trenne beide Bereiche strikt und erkläre sowohl gewerbliche als auch freiberufliche Einkünfte. Das ist oft mit sehr viel Arbeit verbunden. 2 Buchhaltungen, 2 Rechnungskreise, strikte Zuordnung aller Kosten zu einem der beiden Bereiche, Aufteilung von Kosten zwischen den Bereichen, etc. Im Grunde verwaltet man zwei verschiedene Unternehmen.
- Man erklärt alle Einkünfte als gewerblich. Ab 24.500 € Gewinn ist dann Gewerbesteuer fällig und ab 60.000 € Gewinn muss bilanziert werden. In vielen Fällen sind die Folgen gar nicht so schlimm, je nachdem, wie hoch die eigenen Einkünfte sind und wie hoch der Gewerbesteuersatz der Gemeinde ist. Auch hier gilt wie schon so oft in diesem Artikel beschrieben: Der Einzelfall ist zu prüfen um die individuell optimale Entscheidung zu treffen.
Die Abgrenzung zwischen gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeit führt sehr oft zu Grenzfällen. Der Bereich der Coaches, Trainer*innen und Mediator*innen ist hierfür ein sehr passendes Beispiel. Dieser Artikel gibt eine erste Annäherung ans Thema, eine zutreffende steuerliche Würdigung bedarf aber immer einer Bewertung aller Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls.