Rentenversicherungspflicht für selbständige Coaches, Mediator*innen, Trainer*innen

Grundsätzlich sind in Deutschland alle Arbeitnehmer*innen rentenversicherungspflichtig und alle Selbständigen müssen sich um Ihre Altersvorsorge selbst kümmern. Es gibt jedoch einige Ausnahmen von dieser Regel und unter Umständen kann man auch als Selbständige*r unter die Rentenversicherungspflicht fallen und kann verpflichtet werden Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen. Folgende Berufsgruppen fallen z.B. unter die Ausnahmeregel: Künstlerinnen, Logopäden, Ergotherapeutinnen, Hebammen, Lehrer und Trainerinnen, etc. Eine detaillierte Aufzählung und weitere Erläuterungen gibt es hier bei der Rentenversicherung.

 

Wir sind auf die steuerliche Beratung von Coaches, Trainer*innen und Mediator*innen spezialisiert und befassen uns in diesem Blogartikel damit, ob in dieser Berufsgruppe eine Rentenversicherungspflicht vorliegt oder nicht. Wir fassen diese Berufsgruppe deshalb zusammen, weil viele unserer Mandanten parallel als Coach und Trainer oder parallel als Trainerin und Mediatorin tätig sind.

 

Auf der oben verlinkten Seite der Rentenversicherung sind die Berufsgruppen genannt, die als Selbständige rentenversicherungspflichtig sind. Darunter finden Sie unter anderem die Selbständigen in Bildung in Pflege. Zu dieser Berufsgruppe gehören auch selbständig tätige Lehrer*innen. Die daran anschließende Frage ist, wann man genau als Lehrer oder Lehrerin gilt bzw. wie dieser Lehrbegriff ausgelegt wird. Deshalb schauen wir uns nun im ersten Schritt die allgemeine Begriffsdefinition an und wenden diese dann im zweiten Schritt auf unsere drei Berufsgruppen Coaches, Trainer*innen, Mediator*innen an, um danach zu wissen, welcher dieser Berufe in der Selbständigkeit einer RV-Pflicht unterliegt und welcher nicht.

 

Was ist eine Lehrtätigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts?

Die DRV selbst beschreibt auf ihrer Internetseite die lehrende Tätigkeit als „die Vermittlung von Wissen, Können und Fertigkeiten in jedweder Form“. Im Sozialgesetzbuch (SGB) findet sich keine nähere Definition der Lehrer*innen, deshalb mussten oft die Sozialgerichte entscheiden, welche Tätigkeit lehrend ist und welche nicht. Dabei hat sich folgende Abgrenzung heraus gebildet:

  • Bei einer Lehrtätigkeit werden generelles Wissen, Kenntnisse, Fähigkeiten oder Fertigkeiten vermittelt, die aufgenommen und repliziert werden. Das vermittelte Wissen kann auf eine unbestimmte Vielzahl konkreter Situationen angewendet werden. Die Vermittlung des Wissens erfolgt durch theoretischen Unterricht oder einen Vortrag und auch durch praktische Übungen. 
  • Davon abzugrenzen ist eine Beratungstätigkeit, die explizit keine Lehrtätigkeit darstellt und damit auch nicht rentenversicherungspflichtig in der Selbständigkeit ist. Bei der Beratungstätigkeit steht die Vermittlung von generellem Wissen im Hintergrund bzw. ist gar nicht Gegenstand der Beratung. Hier geht es vielmehr um die Behandlung der individuellen Themen, Konflikte und Probleme des oder der Ratsuchenden. Eine beratende Tätigkeit liegt vor, wenn für diese konkreten Themen, Konflikte und Probleme konkrete Lösungsmöglichkeiten und Handlungsoptionen aufgezeigt werden. Das vermittelte Wissen ergibt sich aus dem konkreten Bedarf des oder der Ratsuchenden und seiner/ihrer persönlichen Situation. Das vermittelte Wissen hat eben nicht vordergründig den Anspruch, auf eine unbestimmte Vielzahl konkreter Situationen anwendbar zu sein. 

Die Urteile betonen auch, dass die Rentenversicherungsplicht nicht von der Form des Unterrichts, also z.B. auch von der Gruppengröße der Teilnehmenden abhängt. Die Gruppengröße kann trotzdem ein erster Indikator sein. Je größer die Gruppe ist, desto näher liegt es, dass eben nicht auf die individuellen Fragen und Themen der Teilnehmenden eingegangen werden kann und eher eine Lehrveranstaltung vorliegt.

 

Ist Coaching, Mediation oder Training eine Lehrtätigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts?

Anhand der gerade beschriebenen Definitionen lassen sich die meisten Tätigkeiten recht gut sortieren in rentenversicherungspflichtige Lehrtätigkeit und nicht rentenversicherungspflichtige Beratungstätigkeit. Der Coach, der überwiegend Einzelcoachings durchführt und seinem Coachee Handlungsmöglichkeiten für seine persönlichen Konflikte aufzeigt ist beratend tätig. Die Mediatorin, die zwei Personen oder Personengruppen, die miteinander in Konflikt stehen, hilft, ihre aktuellen Positionen zu hinterfragen, die dahinter liegenden Interessen klarer zu sehen und Lösungen für ihren individuellen Konflikt zu finden, ist ebenfalls beratend tätig. Der Vertriebstrainer, der 20 Mitarbeiter eines Industrieunternehmens vor sich sitzen hat, seine vorbereiteten Power-Point Folien durchgeht und verschiedenen Gruppen in verschiedenen Seminaren gleiche Inhalte präsentiert, ist ganz klar lehrend tätig.

 

Mischtätigkeiten

Sicher gibt es Grenzfälle und nicht jede Tätigkeit ist schwarz oder weiß. Manche Tätigkeiten haben Elemente einer lehrenden und einer beratenden Tätigkeit. Trainings und Seminare können so konzipiert sein, dass der individuellen Themenbehandlung viel Raum eingeräumt wird. Hier muss man sich dann die Frage stellen, welche der oben genannten Definitionen im Vordergrund steht und welche eher die andere Tätigkeit unterstützt. Dient die individuelle Themenbehandlung eher der Anwendung des vermittelten, allgemeinen Wissens (Lehrtätigkeit) oder steht sie im Vordergrund und das vermittelte Wissen ist eher eine Hilfestellung zur individuellen Problemlösung eines jeden einzelnen (Beratungstätigkeit, keine Lehrtätigkeit). Im Zweifel kann man seinen Status auch bei der Rentenversicherung klären lassen.

 

Mehrere Tätigkeiten

Nicht zu verwechseln sind die gerade beschriebenen Mischformen der Lehrformate mit denjenigen Selbständigen, die zwei verschiedene Tätigkeiten ausüben. Wir haben Mandant*innen, die Trainings und Workshops geben und dort ganz klar allgemeines Wissen vermitteln, aber auch an anderer Stelle Einzelcoachings zur individuellen Themenbehandlung durchführen. Diese Mandant*innen müssen für beide Tätigkeiten jeweils ein separates Ergebnis ermitteln, eines aus der Lehrtätigkeit und eines aus der beratenden Tätigkeit, damit der Rentenversicherung die Einkünfte aus der Lehrtätigkeit zur Bemessung der Rentenversicherungsbeiträge mitgeteilt werden können. Ggf. müssen aus einkommensteuerlichen Gründen sowieso schon zwei Gewinnermittlungen gemacht werden, dann ergibt sich nicht unbedingt ein Mehraufwand. Trotzdem kann die Erstellung von zwei verschiedenen Gewinnermittlungen kompliziert werden. So gelten z.B. für die Umsatzsteuer beide Bereiche als ein einheitliches Unternehmen, so dass die beiden Einzelbuchhaltungen und Einzelgewinnermittlungen für Zwecke der Umsatzsteuerjahreserklärung und Umsatzsteuervoranmeldungen wiederum miteinander konsolidiert werden müssen.

 

Vermeidung der Rentenversicherungspflicht

Es gibt Selbständige, die nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen möchten, sondern ihre Altersvorsorge gerne anders aufbauen möchten. Wenn diese Selbständigen aber eindeutig lehrend tätig sind, sind sie mit den Einkünften aus dieser Tätigkeit zunächst mal rentenversicherungspflichtig. Es gibt dann aber noch zwei Möglichkeiten, die Rentenversicherungspflicht zu vermeiden. Die erste Möglichkeit ist, dass man mit der lehrenden Tätigkeit weniger als 450 Euro im Monat, also weniger als 5.400 Euro im Jahr an Gewinn erzielt. Wer unter diesem Ergebnis bleibt, ist nicht rentenversicherungspflichtig. Die zweite Möglichkeit ist, Mitarbeiter einzustellen oder auszubilden. Wer einen sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter beschäftigt oder mehrere 450-Euro-Kräfte, kann die Rentenversicherungspflicht vermeiden.

 

Meldepflicht

Sollten Sie festgestellt haben, dass Sie rentenversicherungspflichtig sind und auch nicht unter die oben genannten Ausnahmen fallen, die trotz Lehrtätigkeit nicht rentenversicherungspflichtig sind, sind Sie verpflichtet, sich innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme der Tätigkeit zu melden. Die Meldung erfolgt bei Ihrem Rentenversicherungsträger über das Formular V0020. Sollten Sie sich nicht dort melden und das Versäumnis Jahre später auffallen, können Strafen festgesetzt werden. Vor allem müssen Sie aber damit rechnen, dass die Rentenversicherung alle versäumten Zahlungen mit einem Mal nachfordert. Je nachdem, wie lange der Zeitraum ist, kann da einiges zusammenkommen.

 

Beitragshöhe

Bei der Pflichtversicherung gibt es drei Möglichkeiten der Beitragszahlung. Die drei Möglichkeiten haben wir wörtlich von der Internetseite der deutschen Rentenversicherung übernommen:

  1. Halber Regelbeitrag für Einsteiger: Innerhalb der ersten drei Kalenderjahre nach dem Jahr der Aufnahme Ihrer selbständigen Tätigkeit können Sie sich für den so genannten halben Regelbeitrag entscheiden. Er beträgt in diesem Jahr in den alten Bundesländern 305,97 Euro und 292,50 Euro in den neuen Bundesländern
  2. Regelbeitrag: Sie können ohne Rücksicht auf Ihr Arbeitseinkommen den vollen Regelbeitrag zahlen. Er beträgt aktuell monatlich 611,94 Euro in den alten und 585,90 Euro in den neuen Bundesländern.
  3. Einkommensgerechter Beitrag: Sie können auch niedrigere oder höhere Beiträge als den Regelbeitrag zahlen, wenn Sie ein abweichendes Arbeitseinkommen anhand des letzten Einkommensteuerbescheides nachweisen.

Zusammenfassung

  • Wer im weitesten Sinne selbständig in Bildung und Lehre tätig ist, sollte prüfen, ob auch in der Selbständigkeit eine Rentenversicherungspflicht besteht.
  • Wer rentenversicherungspflichtig ist, sollte sich bei seinem Rentenversicherungsträger melden und für eine der drei Formen der Beitragszahlung / Beitragshöhe entscheiden.
  • Wer sowohl rentenversicherungspflichtige als auch rentenversicherungsfreie Einnahmen erzielt, muss für beide Bereiche einen separaten Gewinn ermitteln, um der Rentenversicherung die korrekten beitragspflichtigen Einnahmen mitteilen zu können.
  • Wer Mischtätigkeiten oder mehrere Tätigkeiten parallel ausübt hat ein paar mehr Hürden zu nehmen als andere selbständige Freiberufler. Sollten Sie in dieser Situation sein und sich unsicher fühlen, ob sie alles rihtig machen, können Sie sich gerne bei uns melden. Wir haben viele Mandanten aus Ihrer Branche mit ähnlichen Schwierigkeiten und können Ihnen verschiedene Lösungswege aufzeigen.